„Emiliana“ von Claudia Masur

Unter dem Titel „Die ganz und gar andere Bildbeschreibung“ beleuchten wir auch Aspekte des Bildschaffens, die beim Betrachten des Bildes zwar nicht sichtbar, aber entscheidend für die künstlerische und kommerzielle Verwendung sind – und damit auch für den Erfolg.

Das Portrait des Mädchens „Emiliana“ der Leipziger Fotografin Claudia Masur entstand im Rahmen einer Serie von Modefotografien in der Nähe von Berlin. Doch das Bild liefert keinerlei Hinweis auf Raum und Zeit. Nur das Blattwerk des Baumes im Hintergrund hat das kräftige Grün des Frühlings bereits hinter sich gelassen. Es ist Sommer – irgendwo in der nördlichen Hemisphäre. Vielleicht ein Sommer in Schweden, den wir als Kinder so gern erlebt hätten?

Licht und Farben der Fotografie sind so leicht wie ein flüchtiges Aquarell, das alle Probleme der Welt mit spielerischer Gelassenheit einfach aussperren könnte – tut es aber nicht. Denn da ist etwas, wodurch das Glück des kleinen blonden Mädchens getrübt wird. Das ist deutlich in ihrem Gesicht abzulesen ist. Und so entsteht ein Bruch zwischen diesem vermeintlich perfekten Tag und der ganz persönlichen Erlebniswelt des Kindes. Das Bild wird zu einer Erzählung. Zu einer Erzählung, die irgendwie jeder zu kennen scheint, weil jeder glaubt, sie schon erlebt zu haben.

Tatsächlich könnte das kleine Mädchen eines der Kinder aus Bullerbü sein oder gerade Ferien auf Saltkrokan machen. Oder ist Midsommardag? Wenn nachts die Elfen tanzen und die Trolle hinter Bäumen lauern? Hat die kleine Elfe etwa gerade einen jener Trolle entdeckt? Hat die Fotografin ihr das versprochene Eis verwehrt? Kratzt einfach das verflixte Hemdchen? Oder ist sie einfach nur müde?

Das alles wissen wir nicht, aber wir wissen: Kinder haben eine Persönlichkeit, die nicht widerspruchslos hinnimmt, was man von ihr fordert. Eine Persönlichkeit, mit der man rechnen sollte und auf die man Rücksicht nehmen muss.

Aufmerksamkeit, Zuneigung und Geduld sind hier für ein erfolgreiches Shooting unabdingbare Vorrausetzungen. Genau so wie eine Reihe von Vorschriften, die beim Arbeiten mit Kindern bei Foto-oder Filmproduktionen zu beachten sind. Vorschriften, die auch für den eigenen Nachwuchs gelten und den von Freunden und Bekannten oder das spontane Supermarkt-Casting.

Sind die Aufnahmen für den privaten Gebrauch gedacht, ist nur das Einverständnis der Eltern erfoderlich, aber sobald ein kommerzieller oder gewerblicher Zusammenhang besteht ändert sich alles.  Und dieser Zusammenhang besteht nicht nur für genau definierte Auftragsarbeiten, sondern auch für freie Arbeiten, die Stock-oder Footage-Agenturen angeboten werden sollen oder die der Eigenwerbung dienen – ob gedruckt, auf der eigenen Website oder innerhalb eigener Social-Media-Accounts.

Denn in jedem dieser Fälle gilt das Agieren der Kinder oder Jugendlichen vor der Kamera als Arbeit. Und grundsätzlich ist die Arbeit von Kindern in Deutschland sinnvoller Weise verboten. Genaueres regelt das „Gesetz zum Schutz der arbeitenden Jugend“ (JArbSchG ).

Die Arbeit mit Kindern am Set erfordert eine Menge schriftliche Genehmigungen und Freigaben. Zu allererst muss die Einwilligung beider Elternteile vorliegen. Doch auch Schule oder Kindergarten, ein Arzt und das Jugendamt müssen zugestimmt haben. Liegen diese Einwilligungen vor, muss auch noch die zuständige Behörde für das Jugendarbeitsschutz zustimmen. Das hört sich aufwendig an und das ist es auch. Aber ist auch notwendig.

Spezialisierte Kinder-Casting-Agenturen haben entsprechende Formulare in der Regel vorliegen und einen kurzen Draht zu den zuständen Behörden. Doch selbstverständlich kann das alles jeder in Eigenregie regeln. Nur eins geht nicht – fotografieren oder filmen ohne entsprechende Genehmigungen. Im Sinne der Bildschaffenden, der Auftraggeber und natürlich im Sinne der Kinder.

Das Bild „Emiliana“ von Claudia Masur wurde vorgestellt von Thomas Hobein und Sabine Pallaske

Bildquelle: © Claudia Masur

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