Visueller Content, Bilder umsonst – nicht so einfach wie es aussieht Teil2

Bilder aus "open content" lizenzpflicht anzubieten, ist ein neues Geschäftsmodell bei Getty Images, Alamy und anderen, das bei uns so nicht funktioniert

In Zusammenarbeit mit Rechtsanwältin und Fachanwältin  Silke Kirberg.

RA Silke Kirberg

Getty Images und Alamy u.a. boten Bilder an, die z.B. der Library of Congress zur Verfügung gestellt und dort kostenlos und „lizenzfrei“ von jedermann heruntergeladen werden durften, um sie ihren Kunden gegen Zahlung von Lizenzhonoraren anzubieten und um Nutzer, die die Bilder nicht bei ihnen erworben haben, aufzufordern, Lizenzen einzuholen und Honorare zu zahlen. Pikanterweise zählte dazu auch die Fotografin Carol M. Highsmith selbst.

Getty Images und Alamy sind daraufhin von der Fotografin Carol M. Highsmith in den USA auf Schadenersatz in Höhe von 1 Milliarde Dollar verklagt worden, nachdem sie 18755 ihrer Bilder ohne ihre Einwilligung in ihre Bilddatenbanken eingestellt und gegen Zahlung von Lizenzhonoraren angeboten haben.

Getty Images und Alamy verteidigten sich damit, dass die Bilder schließlich „public domain“ seien, also nach US-amerikanischen Recht öffentlich verfügbar seien. Sie (und das erstentscheidende New Yorker Gericht https://consumermediallc.files.wordpress.com/2016/08/highsmith-v-getty-images.pdf) * deuten „public domain“ als „gemeinfrei“, „out of coypright“, so als sei die Fotografin seit mindestens 70 Jahren verstorben und es gäbe keine Rechtsnachfolger.

In den USA und anderen Ländern mit angelsächsischem Recht/Common Law wird darüber heftigst diskutiert. Der Unterschied zu unserem Recht oder Rechtsverständnis: im Common Law gibt es wenige Gesetze ausser der Verfassung, gültiges Recht wird aus Entscheidungen von Gerichten und Präzedenzfällen hergeleitet.

Nach europäischem Recht (Civil Law, das in erster Linie auf Gesetzen beruht) lägen trotz der Spende der Fotografin an die Stiftung die Urheberrechte in jedem Fall noch immer bei der Fotografin.

Contentanbieter, Bildagenturen und die Konsequenzen

Inzwischen wird bei Getty allerdings auf die Fotografin hingewiesen und die Nutzung wird als eingeschränkt (keine kommerzielle Nutzung bzw. nur auf Anfrage) ausgewiesen: http://www.gettyimages.de/fotos/highsmith-photos?artist=buyenlarge&excludenudity=true&family=editorial&page=1&phrase=highsmith%20photos&sort=best#license *. Allerdings taucht nur ein geringer Ausschnitt (14 Bilder) der vorher fast 19 000 Bilder auf.

 

Das „Kampagnenbild“, die Abbildung des Nelson-Atkins Art Museum in Kansas City, Missouri
mit den zwei Federbällen, das bei fast allen Veröffentlichungen zum Thema Aufmacher war, findet man weiterhin im Internet:

So bei Getty Images
http://www.gettyimages.co.uk/photos/carol-m.-highsmith-atkins?excludenudity=true&family=editorial&mediatype=photography&page=1&phrase=carol%20m.%20highsmith%20atkins&sort=mostpopular *

© Carol.M.Highsmith/Screenshot Gettyimages.co.uk vom 23.05.2017

Die Bildunterschrift deutet schon auf Urheberkonflikte hin – Claas Oldenburg oder Coosje van Bruggen sind ganz sicher nicht Fotografen des Bildes. Der Klick auf das Bild, der sonst die Lizenzbedingungen anzeigt, verweist auf Probleme:

 

Bei Alamy.com findet die Suche „library of congress“ nur noch urhebernachweispflichtige Ansichten der Library oder Bestände, die von vor 1943 stammen. ( http://de.alamy.com/search.html?qt=%22Library%20of%20congress%22%20&imgt=0&pn=7&ps=100&qt_raw=%22library%20of%20congress%22%20&qn=&tbar=1&lic=2&cbstore=0#BHM=foo%3Dbar%26st%3D0%26sortby%3D2%26qt%3D%2522Library%2520of%2520congress%2522%2520%26qt_raw%3D%252)

Alamy.com bietet allerdings lizenzpflichtig mit Nennung des Fotografen ein wenig modifiziertes Bild des bekannten Ursprungsbilds von Carol.M.Highsmith an, das man sicherlich unter dem Aspekt Plagiat/unfreie Benutzung einordnen könnte:

© Bill Grant / Alamy Stock Foto

Originalbild von Carol.M.Highsmith:

Pixabay, mit Sitz in Deutschland, bietet Bilder von Carol M. Highsmith weiterhin ohne jede Einschränkungen an: https://pixabay.com/de/atkins-kunstmuseum-geb%C3%A4ude-1619504/

Konsequenzen für den Nutzer

Nach deutschem Recht ist die Verwertung von Bildern, welche der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt worden sind, nicht ohne Weiteres zulässig.

Hier gilt: Es sind zunächst die Nutzungsbedingungen der Archive zu prüfen. Was ist hiernach erlaubt? Und sind diese AGB wirksam? So findet sich zwar in § 32 Abs. 3 S. 3 UrhG die sogenannte „Open Content“-Klausel. Diese Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch nicht einzelnen Verwertern zugute kommen, die mit Open Content Gewinnerzielungsabsichten verfolgen. Zulässig sind daher nur Nutzungen, die den „Schranken“ im deutschen Urheberrecht unterworfen sind. Für Nutzer dieser Lizenzen gelten in erster Linie die Regelungen der §§ 52 bis 53a UrhG (Nutzung für Forschung und Lehre, Wiedergabe in Bibliotheken oder Museen, private Nutzung).

Selbst bei diesen Nutzungen greift der Grundsatz, dass der Urheber angemessen an den wirtschaftlichen Erlösen aus der Nutzung seines Werkes zu beteiligen ist – und sei es über Verwertungsgesellschaften.

Getty Images und Alamy haben allgemein in einem Rundschlag Lizenzgebühren von Nutzern gefordert, die keine Lizenz an den Bildern bei ihnen erworben hatten. So auch von Carol M. Highsmith selbst.

Dies jedoch wäre in Deutschland nicht ohne Weiteres möglich. Nach dem deutschen Urheberrecht können nur Inhaber exklusiver Verwertungsrechte (das sind die Fotografen oder Inhaber von Reproduktionsrechten wie z.B. Museen) Schadenersatz in Form fiktiver Lizenzhonorare geltend machen, nicht jedoch Inhaber einfacher Rechte ohne Übertragung durch den eigentlichen Rechteinhaber, dem Urheber selbst. Dieser muss die abmahnende Partei dazu autorisiert haben, z.B. durch den Fotografen- oder Nutzungsvertrag. Dieser ist zumindest bei der Übernahme des Open-Content-Angebots von Carol. M. Highsmith nicht abgeschlossen worden.

Dann aber stellt sich die Frage, ob und inwieweit Bildagenturen ihren Kunden Open-Content-Material im Sinne einer lückenlosen Rechtekette überhaupt lizenzieren können.

Bildagenturen, die auf Bilder in öffentlich zugänglichen Plattformen zurückgreifen, sehen sich nicht nur persönlichkeitsrechtlichen und urheberrechtlichen Ansprüche der Abgebildeten und Fotografen ausgesetzt, sondern auch Regressansprüchen ihrer Kunden, wenn diese wegen der Nutzung ihrer Bildnisse und Bilder direkt von den Fotografen und Abgebildeten in Anspruch genommen werden.

 

Beitragsbild: © Sabine Pallaske Fotografie

Porträt: Bildquelle Silke Kirberg

 

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