Hat RM ausgedient? Keine Bilder mehr exklusiv? Der Branchenführer Getty Images setzt Vermarktungsakzente
Getty Images Verzicht auf RM-Lizenzen wird den Bildmarkt weiter verändern. Wo geht es lang?
Vor einigen Tagen kündigte Getty Images in einer E-Mail an, sich vom Lizenzmodell Rights Managed im Bereich „Creative“ zu verabschieden. Bis Ende Januar 2020 werden alle nicht-nachrichtlichen Bilder aus dem RM-Bestand entfernt. Allein Premium-Kunden können bis November 2020 auf RM-Bilder zurückgreifen.
Begründet wurde die Maßnahme, dass die „ Forschungsergebnisse unseres branchenführenden Creative Insight-Teams….zuversichtlich zu dem Schluss gekommen, dass das kreative RM-Bildlizenzmodell die Bedürfnisse unserer Kunden nicht mehr erfüllt, insbesondere angesichts der Flexibilität, die das digitale Marketing verlangt, und der zunehmenden Wiederverwendung von Bildern, und dass es unsere allgemeine Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt“ (Zitat Mail an Fotografen, Getty Images). Nachrichtliche, „Editorial“-Bilder sind erst einmal ausgenommen. Eine gute Nachricht für die Editorial-Urheber, falls diese Bilder nicht über Sonderkanäle oder mit speziellen Honorarmodellen für Großabnehmer vertrieben werden.
Kundenseitig hört sich das erst einmal gut an. Einfaches Lizenzmodell, keine Absprachen mehr über Medien, Auflagen, Reichweite, Verbreitungsgebiete.
Aber: exklusive Kampagnenbilder aus Stockbildbeständen sind dann nicht mehr möglich. Im Einzelfall kann man bei der jeweiligen Bildagentur Verkaufszahlen abfragen, mit viel Glück wurde das Bild noch nicht genutzt und dann – nur in diesem Spezialfall – lässt sich das Bild für Exklusivnutzung sperren.
Diese Entscheidung des Marktführes für „ visuellen Content“ zeigt verschiedene Entwicklungen auf.
Bildsprache und visuelles Alleinstellungsmerkmal
Die Bedeutungen, Inhalte von „Key-Visuals“ werden fast beliebig, Hauptsache, sie nehmen visuelle Trends auf. Ob Bank, Versicherung, Energieversorger, Automobilkonzern, Lebensmittelkette, Touristikunternehmen, gemeinnütziger Verein, NGO, und so weiter und so fort – alle ähneln sich visuell, werden austauschbar, eben beliebig. Authentizität, Glaubwürdigkeit sind zu Klickraten bei Instagram, Facebook, zu Printauflage und anderen wie auch immer gemessenen Medienkontakten mutiert.
Medienplanung
Wenn Bilder beim Kunden vom Key-Visual zu visuellem Content werden, scheint es daher für Bildanbieter nur konsequent, dem Kunden weitreichende Nutzung anzubieten, das Nutzungspaket auf alle Nutzungsformen auszuweiten – wer weiss denn schon, ob das Bild viral erfolgreich ist oder bei der letzen Messe der Eye-Catcher war, unbedingt auf Plattform xy oder in Print wiederholt werden muss und dann doch als Citylight eingesetzt werden soll?
Kostenplanung und Invest
Für Kunden bleibt die Entscheidung, sich für ein Stockbild zu entscheiden, das sie exklusiv (für weitere Nutzungen gesperrt) nutzen können oder ihr Key-Visual bei einem Fotografen in Auftrag geben. Diese Entscheidung trifft immer weniger die Kreativ- oder Marketingabteilung, eher der zentrale Einkauf unter der Prämisse „kostensensibel“.
Für Bildagenturen bedeutet eine vereinfachte Lizenzform ebenfalls weniger Kosten, weil Verwaltungsaufwand wegfällt. Zum Beispiel bieten Plainpicture.com und F1online.de bei Rights-Managed-Motiven vereinfachte Lizenzmodelle für nicht-exklusive Nutzung an. Die Abfrage nach Einzelnutzungen fällt weg. DieseLizenzmodelle beinhalten aber, dass die Nutzung auf bestimmte Zeiten limitiert ist und auch, dass diese Motive für exklusive Nutzungen gesperrt werden können. Eigentlich ein faires Angebot. Mit dem Vorstoß von Getty Images könnten diese Lizenzmodelle Makulatur werden.
Bildurheber/Lieferanten visuellen Contents
Für Fotografen*innen stellt sich die Frage, wie bietet man/frau das Bild an? RF-Honorare, soweit sie erzielt werden, scheinen auf den ersten Blick die höheren Honorare zu generieren. Auf der anderen Seite: als Urheber gibt man/frau im Zweifelsfall damit die Zweckbindung auf, die in §31 UrhG eine grundlegende Rolle spielt. Vorgerichtliche Vergleiche oder gerichtlich durchzusetzende Schadenersatzforderungen werden sicherlich an diesen Honoraren gemessen werden, die Nutzungszeiträume als Faktor zur Honorarbemessung werden unter diesen Voraussetzungen in den Hintergrund treten. Für Bildschaffende ein wichtiger Grund, die AGB der Bildanbieter zu lesen: was darf der Endkunde mit den Bildern machen? Die Entscheidung, Vermarktungsmöglichkeiten zu wählen, wird für den Urheber dadurch nicht erleichtert.
Getty Images hat als Marktführer eine Vorlage geliefert. Es bliebt abzuwarten, in wieweit selbstständige und spezialisierte Bildagenturen und vor allem selbstständig am Markt agierende Fotograf*innen auf diese „Ansage“ reagieren bzw reagieren können.
Ich bin auf Feedback/Gegenmodelle gespannt.
Beitragsbild: © Sabine Pallaske Fotografie