Promis in der Werbung – was geht und was nicht
Man stelle sich vor: eine Steinmeier-Karikatur in einer Burger-Werbung, das Staatsoberhaupt als Eyecatcher für Werbemaßnahmen einer Klopsebraterei…
So geschehen in Belgien, wo Burger King eine stark stilisierte Zeichnung von König Philippe in ihre Werbung eingebunden hat. Die belgischen Royals waren nicht einverstanden, dass ein Abbild von König Philippe zu kommerziellen Zwecken genutzt wird. Hier der Stein des Anstosses:
Inzwischen ist die Werbung/ die Website vom Netz: http://whoistheking.be/?lang=nl Ein Lob an die Agentur von Burger-King: das Ganze wurde sehr charmant gelöst.
Wo ist das Problem? Sixt macht es doch dauernd vor: Prominente oder Politiker werden in die Werbung eingebunden. Warum kann das nicht nicht jeder machen?
Grundsätzliches – auch wenn es wie Spassbremse klingt:
Es gilt: jedermann, wie auch prominent auch immer, hat das Recht am eigenen Bildnis
(auch an Karikaturen, Doubles, Puppen usw mit seinem Gesicht) und darf über Veröffentlichungen seines Abbildes bestimmen. Dies leitet sich aus dem Grundgesetz her: Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG beschreiben das allgemeine Persönlichkeitsrecht, für Bildnisse ausdrücklich beschrieben in §§ 22 und 23 KUG,
In Deutschland heisst die Konsequenz: Niemand muss einer Abbildung zustimmen, ausser es wurde ein Honorar gezahlt oder eine andere Leistung zu Kompensation vereinbart (Erstellung von Setzcards o.ä.), d.h. es besteht ein Vertrag zwischen Fotografen/Filmer und Abgebildeten.
Die Ausnahme: § 23 KUG Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Die gilt auch Prominente, Personen des Zeitgeschichte – auch wenn sie in den Medien bei Tagesberichterstattung häufig dargestellt werden.
Beispiel Sixt – Balancieren auf dünnem Seil
Sixt provoziert mit seiner Werbung, ist witzig, aber balanciert kalkuliert auf dünnem Seil. Die Abstimmung, wann eine Person der Zeitgeschichte in Werbung eingebunden sein kann, erfordert schon im Vorfeld gute Juristen.
Die Abbildungen erscheinen in einem Zusammenhang, der im allgemeinen als (auch satirischer, polemischer, politischer… ) Kommentar zum Zeitgeschehen gewertet werden kann. Die Abwägung zwischen den grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechten und den ebenfalls grundsätzlich geschützten Rechte auf Kunst-, Presse und Meinungsfreiheit ist schwierig und lässt sich nicht aus „dem Bauch raus“ beantworten, sondern muss spezialisierten Fachjuristen überlassen werden.
Verfahren dazu können langwierig sein: Oskar Lafontaine hatte 1999 gegen eine Anzeige von Sixt geklagt, die Entscheidung durch den BGH kann 10 Jahre später: http://www.aufrecht.de/urteile/delikt-strafr/bgh-sixt-werbung-mit-politikerfoto-lafontaine-bgh-beschluss-vom-26102006-az-i-zr-18204.html
Das Urteil geht insbesondere darauf ein: „Die vom Kläger beanstandete Werbeanzeige dient nicht ausschließlich einem Werbezweck, sondern enthält im Zusammenhang mit der Abbildung des Klägers auch eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene politische Meinungsäußerung in Form der Satire. Indem die Beklagte den Kläger mit einem Mitarbeiter vergleicht, der bereits in der Probezeit scheitert, setzt sie sich in ironischer Weise mit dem Umstand auseinander, dass der Kläger nach kurzer Amtszeit als Finanzminister zurückgetreten ist. Dieser meinungsbildende Inhalt wird durch den offensichtlichen Werbezweck der Anzeige nicht verdrängt.“
Lafontaine wurde nicht als Einziger gezeigt, es wurde nicht unterstellt, dass sich der Ex-Minister mit dem Produkt identifiziert. Sein Bildnis wird gezeigt mit allen Kabinettsmitglieder, der Claim bezieht sich auf den überraschenden Rücktritt als Finanzminister 1999 – setzt sich also mit aktuellen Zeitgeschehen auseinander.
Ein Balanceakt, der auch schief gehen kann.
Im Konfliktfall, d.h. bei der gerichtlichen Auseinandersetzung wird abgewogen zwischen den Persönlichkeitsrechten des Dargestellten und der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit. Für eine Auslegung, was eine Äußerung sei, die unter Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit fällt, ist der Rahmen recht eng, in den meisten Fällen wird dem Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person höheres Gewicht eingeräumt.
Lustig ist nicht gleich Satire
2005 warb der Axel-Springer-Verlag mit auf Kleinkind modifizierten Bildern von Promis und Politikern für die Einführung der „Welt Kompakt“, unter anderem mit einem Portrait von Joschka Fischer. Dieser erhielt einen für deutsche Verhältnisse immens hohe Schadensersatz von 200.000 Euro zugesprochen, da das Gericht zwischen der Werbung für die kleinformatige Zeitung und dem Porträt keine wie auch immer geartete Auseinandersetzung mit aktuellem Zeitgeschehen sah, sondern das Bild als reinen Eyecatcher unter Ausnutzung des Bekanntheitsgrad des Abgebildeten sah. Dass das Abbild bearbeitet worden war, half nichts. Der Wiedererkennungsfaktor war gerade das, vorauf die Werbung abzielte. Der zugesprochene Schadensersatz orientierte sich an den Honoraren, die Joschka Fischer üblicherweise erhielt.
http://www.aufrecht.de/urteile/delikt-strafr/schadensersatzanspruch-bei-nicht-genehmigter-fotoverwendung-eines-politikes-fuer-werbung-lg-olg-hamburg-urteil-vom-05062009-az-324-o-38106-7-u-15206-olg-welt-kompakt.html
Und der König?
Die Nutzung der Burger-King-Karikatur wäre in Deutschland und nach europäischen Maßstäben schwer als Meinungsäusserung, satirischer Kommentar zum Zeitgeschehen oder als eigenständiges Kunstwerk zu argumentieren: weder steht die Abwahl von König Philippe an, noch ist eine Abstimmung über die Umwandlung des Königreichs Belgien in eine Republik aktuell. Damit entfällt bei dem Beitrag der Bezug zur Meinungsbildung oder der satirischen Auseinandersetzung und es bleibt bei reiner Werbeintention mit einer Person der Zeitgeschichte, einem Promi, der zwar nicht mit fotografischem Portrait, sondern abgewandelt, aber immer noch gewollt erkennbar dargestellt ist.
Damit entfällt bei dem Beitrag der Bezug zur Meinungsbildung und es bleibt bei reiner Werbeintention mit einer Person der Zeitgeschichte.
Ein riskantes Spiel
Sixt hatte auch oft Frau Merkel oder andere Politiker in seine Werbung eingebunden, die nicht gegen den Autoverleiher vorgingen, obwohl sie in wenig positivem Zusammenhang dargestellt wurden. Angela Merkel und andere haben keine Klage erhoben: sie oder ihre Berater kennen den sog. „Streisand-Effekt“: wenn man gegen eine solche Veröffentlichung vorgeht, ist das Medienecho grösser und oft negativer, als wenn der Vorgang unkommentiert bleibt oder ignoriert wird. Das zeigt auch die Reaktion auf die belgische Burger-King-Werbung: wäre das Königshaus nicht dagegen vorgegangen, hätten deutsche Medien sie wohl gar nicht wahrgenommen.
Von dieser Gelassenheit sollten Werbetreibende und Werbeagenturen aber nicht grundsätzlich ausgehen. Die Werbung mit Promis ohne deren Zustimmung ist ein riskantes Spiel, man sollte ein finanzielles Polster für Schadensersatzforderungen haben.