Der Aufreger Einschulungsfotos, Jahrgangsfotos, Kitafotos und nein, die DSGVO verbietet nicht das Einschulungsfoto
Pünktlich zum Start des neuen Schuljahrs und der neuen Kita-Jahrgänge wird es wieder zum Aufreger in den Medien: Einschulungsfotos nicht mehr möglich, geschwärzte Gruppenbilder, Erinnerungen nicht mehr erlaubt…
Es ist viel einfacher als man denkt.
Das Problem sind nicht die Aufnahmen an sich, soweit sie als persönliche private Erinnerung Platz im analogen Fotoalbum oder auf den heimischen Speichern der Familie finden. Das klassische „Sich-Erinnern“, die Dokumentation der Lebensschritte des Nachwuchses für den Familienkreis ist nicht in Frage gestellt, auch nicht mit allen Beteiligten – ungeschwärzt.
Das Problem ist, persönliche Erinnerungen im Netz zu teilen, auf Social-Media zu posten und seine persönlichen Bildern, auf denen auch Andere abgebildet sind, auf Plattformen zu verteilen und in Clouds zu speichern.
Das hat aber ersteinmal mit der DSGVO nichts zu tun, sondern gilt seit über 100 Jahren: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden“ Kunsturheberrechtsgesetz §22. Die Nutzung von Privatkopien ist im Urheberechtsgesetz geregelt und ausdrücklich erlaubt. Privatkopie heisst aber wirklich privat, für Familienmitglieder und enge Freunde, nicht für den „Freundeskreis“ auf Facebook, WhatsApp, Instagram.
Das „Fotografierverbot“ einzelner Schulen bezieht sich nicht auf das Erinnerungsfotos der Erstklässler an sich , sondern auf die Verbreitung der Bilder. Das Gleich gilt übrigens auch für Kita-Fotos, Aufnahmen von Kommunion, Konfirmation oder den Minis bei Handball oder Fußball, kurz für Vereinsveranstaltungen.
Das Handyfoto von den Zwergen und deren stolzer Eltern, das digitale Format der beauftragten Fotograf*innen wird heutzutage auf Facebook, WhatsApp, Instagram und wo auch immer gepostet, also öffentlich zugänglich gemacht.
Jede dieser Plattformen bedingt sich aus: „gewährst du eine weltweite, nicht-exklusive, gebührenfreie, unterlizenzierbare und übertragbare Lizenz zur Nutzung, Reproduktion, Verbreitung, Erstellung abgeleiteter Werke, Darstellung und Aufführung der Informationen (einschließlich der Inhalte), die du auf bzw. über unsere/n Dienste/n hochlädst, übermittelst, speicherst, sendest oder empfängst.“ (Zitat Whatsapp AGB). Das Recht zur Verbreitung hat niemand ohne die Einwilligung der Abgebildeten (s.o), aber es geht bei Internetnutzung, gerade auf den diversen Plattformen, auch um die verknüpfbaren Daten. Das heisst im Klartext, dass den Plattformbetreibern alle Rechte an der Verwertung der Bilder und der Verwertung der Informationen dazu übertragen werden.
Hier kommt die vielgescholtene DSGVO ins Spiel: der Schutz der Persönlichkeitsrechte gegenüber Datenverarbeitern. Der Upload der Bilder auf die diversen Plattformen und das Speichern von Bildern auf irgendwelchen Clouds, die Verknüpfung vom Bildnis mit dem Anlass lässt Schlüsse zu, die der einzelnen Fotografierende oder der Auftraggeber nicht kontrollieren kann. Diese Entscheidung kann man nur für sich und sein Kind persönlich treffen (solange es jünger als 16 Jahre ist, dann muss es laut DSGVO selbst mitentscheiden) – für andere Abgebildete jedenfalls nicht (im Fall der Zustimmung zur Abbildung gilt dies sogar schon ab 14 Jahren).
Man kann von Fotograf*innen oder dem Schulträger nicht verlangen, dies im Einzelfall zu managen oder dafür gerade zu stehen, wenn Bilder in ungewünschten Zusammenhängen auftauchen oder die Informationen dazu genutzt werden, Schulanfängerfamilien mit Werbung zu bombardieren.
Schulfotograf*innen dürfen die Daten der Eltern/Kindern nur in dem Rahmen speichern und verwenden, die zu Abwicklung ihres Geschäftes notwendig sind (Rechnung für Fototermin, Rechnung für Abzüge, Nachweis der Urheberschaft u.ä.). Sie dürfen ohne Zustimmung die Bilder weder zu Eigenwerbung nutzen noch die gespeicherten Daten an interessierte Unternehmen (Presseverlage, Schreibwarengeschäfte, Lieferanten von Schulspeisung, Ranzenhersteller, was auch immer) weitergeben.
Das Gleiche gilt für die Schulen: Einschulungsfotos oder Jahrgangsfotos haben auf der Website, dem Social-Media-Accont der Schule, der Kita, der Kirchengemeinde oder des Sportvereins nichts zu suchen, wenn nicht alle Abgebildeten sowohl dem Abbilden wie der Weitergabe der Daten zugestimmt haben.
Für die Praxis heisst das: Erinnerungsfotos ja. Verbleiben diese im privaten Bereich, muss auch niemand geschwärzt werden. Die Aufnahmen der Klasse von beauftragten Fotograf*innen kann man sich ausdrucken lassen oder auf der eigenen Festplatte speichern. Für Handyfotos und Bilddaten beauftragter Fotograf*innen gilt: sind andere als die eigenen Kinder zu sehen, sollte man auf Publikation in sozialen Netzwerken verzichten oder eben die Genehmigung einholen.
Das Fotografieverbot einzelner Schulen oder Kitas ist daher manchmal eher als Notwehr zu verstehen. Besser ist es, vorab die Modalitäten zu klären und auf private Aufnahmen zu verzichten oder diese nach Vorgaben zu machen.
Einschulungsfotos, Jahrgangsbilder, Gruppenaufnahmen von Kita, Kommunion oder Konfirmation sind persönliche Erinnerungen, die man zeigen kann, aber nicht öffentlich verbreiten oder zugänglich machen darf.
Noch zwei Aspekte: Wissen Sie, ob sich Ihr Kind in 10 Jahren mit der unmöglichen Frisur, dem peinlichen Outfit, der viel zu kleinen Schultüte, neben dem besten Kumpel/Freundin mit dem/der es sich inzwischen heillos zerstritten hat, noch so sehen möchte? Das Internet und Social-Media vergessen nicht.
Wissen Sie, ob Sie an Ihre Handybilder in 10 Jahren noch lesbar oder nicht gelöscht sind? Gibt es Ihre Cloud, Ihre Plattform noch? Die älteste Hardkopie auf Fotopapier aus meinem Familienalbum stammt von 1901, ist aber leider kein Einschulungsfoto.
Bildquelle Beitragsfoto: Sabine Pallaske Fotografie (privates Familienarchiv)
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Spannend ist die Frage, ob der Fotograph eines Gruppenfotos z.B. mit Kita-Kindern differenzieren muss, wenn er ein Bild digital oder analog als Abzug verkauft. Ein Hinweis „Gruppenfotos können nur als Fotoabzug bestellt werden (DSGVO).“ erscheint mir nicht korrekt, denn es geht ja nicht um den Vertrieb von Bildern (egal ob digital oder analog), sondern um deren Veröffentlichung. Und Bilder zu verkaufen ist nicht dasselbe wie Bilder zu veröffentlichen.
Hallo Alex, da hast du durchaus recht. Ob der private Kunde das Bild als Papierabzug oder als Datensatz erwirbt, spielt keine Rolle, solange es in seinem privaten Bereich gezeigt wird. Wird das Bild aber „öffentlich zugänglich“ gemacht, kommt der Datenschutz zum Tragen, insbesondere, wenn das Bild über Server von Unternehmen mit Sitz in den USA wie Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp) oder anderen hochgeladen wird. Weder ist kontrollierbar, wie und durch wen das Bild weiterverteilt wird noch ist transparent, wie und an wen das Unternehmen an sich Informationen über Uploader und Abgebildete auswertet, weitergibt, verkauft…