„Thomas Lindner“ von Alex Schwander
Unter dem Titel „Die ganz und gar andere Bildbeschreibung“ beleuchten wir auch Aspekte des Bildschaffens, die beim Betrachten des Bildes zwar nicht sichtbar, aber entscheidend für die künstlerische und kommerzielle Verwendung sind – und damit auch für den Erfolg.
Der Frankfurter Fotograf Alex Schwander portraitierte Thomas Lindner im Auftrag der FAZ-Gruppe. Das Bild entstand als Lindner die Leitung des renommierten Verlages übernahm, der zu dieser Zeit tief in einer finanziellen Krise steckte. Gedacht war und ist die Fotografie, um sie im Rahmen der Unternehmenskommunikation des Verlagshauses zu verwenden.
Es handelt sich also um eine Auftragsarbeit, was das Bild erst einmal nicht vermuten lässt. Denn der Betrachter begegnet hier nicht dem Manager und Geschäftsführer der FAZ, sondern dem Menschen Thomas Lindner. Das Portrait zeigt nicht – wie für solche Fotos typisch – die stählerne Fassade einer erfolgsverwöhnten Führungskraft von der alles abprallt; vielmehr ist es hier dem Fotografen gelungen die Oberfläche zu durchbrechen und einen Augenblick einzufangen, der etwas über die wahre Person erzählt.
Der enge Fokus des Schwarzweiß-Portraits im Querformat konzentriert sich auf die Augen Thomas Lindners. Und darin ist auch alles zu finden. Er blickt den Fotografen und damit den Betrachter des Bildes offen und interessiert an, fast ein wenig neugierig. Irgendeine Entscheidung scheint sich anzubahnen – aber noch fragt er sich, was ihn erwartet.
Dass Ohren und Nasenspitze bereits in der Unschärfe liegen und auch die weichen Bildkontraste verstärken diesen Moment noch, in dem sich Lindner der Situation öffnet und der ihn durchaus verletzbar erscheinen lässt. Aber genau darin liegt die Kraft dieses Bildes. Genau darin unterscheidet es sich von vergleichbaren Manager-Portraits. An die Stelle einer maskenhaften Unberührbarkeit tritt hier die glaubhafte Stärke und Tatkraft des echten Menschen.
Aber auch wenn das Bild in seiner Darstellungsweise stilistisch und wohltuend von herkömmlichen Manager-Portraits abweicht wird Thomas Lindner als Vertreter der FAZ Gruppe gezeigt. Oder allgemein ausgedrückt: Das Unternehmen hat den Fotografen gegen ein Honorar beauftragt, ein offizielles Portrait eines Mitarbeitenden anzufertigen.
Diese Auftragssituation führt zu einer juristischen Dreiecksbeziehung zwischen Fotograf, Unternehmen und dem oder der Portraitierten. Darin gilt der Fotograf selbstverständlich als Urheber des Werkes. Die beauftragende Organisation oder Firma ist der Lizenznehmer zur Nutzung des Bildes im vereinbarten Rahmen – nicht aber die abgebildete Person. Und genau hier lohnt es sich genauer hinzusehen.
Zwar behalten fotografierte Angestellte das Recht am eigenen Bildnis, müssen aber dennoch die Weitergabe des Portraits durch den Lizenznehmer – also das Unternehmen – an andere dulden, wenn sie repräsentative Funktionsträger des Unternehmens darstellen. Dazu muss jedoch auch die Genehmigung der betroffenen Angestellten vorliegen.
Anders liegt der Fall bei Mitarbeitern, die keine repräsentativen Aufgaben wahrnehmen. Ob sie im Büro oder an der Werkbank arbeiten – sie können von vornherein ihre Zustimmung zu jedweder Veröffentlichung verweigern.
In beiden Fällen ist also die Genehmigung des oder der Abgebildeten erforderlich. Darin sollte geregelt sein, dass die Fotografie nur im Zusammenhang mit der Tätigkeit der portraitierten Person innerhalb des Unternehmens gezeigt werden darf – schon allein um die Verwendung in einem Sinn entstellenden oder privaten Zusammenhang zu verhindern.
Darüber hinaus sollten spezielle Absprachen zwischen allen beteiligten Parteien weitere Möglichkeiten zur Nutzung einer solchen Fotografie regeln.
Das Bild „Thomas Lindner“ von Alex Schwander vorgestellt von Thomas Hobein und Sabine Pallaske
Bildquelle Beitragsbild: © Alex Schwander für Frankfurter Allgemeine Zeitung (mit freundlicher Genehmigung durch Thomas Lindner)