Der EuGH, Europas höchstes Gericht, stärkt Urheberrechte
Am 25.Januar hat der EuGH zu einer Anfrage eines polnischen Gerichtes entschieden, dass es Europäischem Recht entspricht, bei Urheberverletzungen Schadensersatz zu fordern, der über die reine Abgeltung der Honoraransprüche hinausgeht, die beim rechtmässigem Erwerb der Nutzungsrechte anfallen würden. Letzteres ist leider üblich bei Entscheidungen deutscher Gerichte bei Urheberrechtsverletzungen im visuellen Bereich, für visuellen Content im Gegensatz zu Film oder Musik (Stichwort: GEMA-Zuschlag) und ist damit eigentlich eine Aufforderung, Fotografien oder Illustration erst einmal unberechtigt zu nutzen: wenn man erwischt wird, kostet es nicht mehr, als wenn man rechtmässig Honorar bezahlt.
Wird man erwischt, muss man in der Regel das Honorar zahlen, das bei einer berechtigten Nutzung anstehen würde, lediglich die Anwalts-und Gerichtskosten kommen on Top. Im für den Fotografen günstigsten Fall kann in Deutschland ein Zuschlag wegen Nichtnennung des Urhebers durchgesetzt werden. Für den Verletzer/Bilderklauer eine überschaubare Rechnung: mit jeder nicht gefundenen Verletzung komme ich durch, den Rest zahle ich aus der Kasse „gesparte Honorare“.
Das Besondere an dem Urteil des EuGH: es beruft sich auf die Richtlinie 2004/48 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums. Artikel 3 Abs 2 bestimmt: “dass die von den Mitgliedsstaaten vorgesehenen Massnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe wirksam, verhältnismässig und auch abschreckend sein müssen“. Mit der Berufung auf Artikel 13 der Richtlinie stellt der EuGH fest, das eine Entschädigung in Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens (wie er mit Lizenzanalogie ohne Zuschlag von deutschen Gerichten in der Regel festgelegt wird) nicht ausreicht, um zum einem die Kosten für die Feststellung der Verletzungshandlung und deren Verursacher zu decken und zum anderen immaterielle Schäden abzudecken. Üblicherweise musste diese Kosten bisher anders als bei Klagen durch die GEMA durch den Verletzten (Fotograf/Illustrator/Filmer) im einzelnen nachgewiesen werden. Das kann jetzt anders werden. Der sogenannte “ Kontrollkostenzuschlag“, den die GEMA seit Jahren geltend macht und durchsetzen kann, kann auch von anderen Verletzten angeführt werden.
Auf Anfrage des polnischen Gerichtes spricht sich der EuGH eindeutig auch für die Möglichkeit einer pauschalen Festlegung der Entschädigung aus. Insbesondere verwirft er die enge Auslegung der Kausalität auf die genaue Schadenshöhe, die bei rechtmässiger Nutzung anfallen würde und durch den Fotografen im Einzelfall nachgewiesen werden muss, was vor deutschen Gerichten die Regel ist. Dies geht nicht selten zum Nachteil für den Fotografen aus – die Fälle von niedrigsten Honoraren für „geklaute“ Bilder auf kommerziellen Verkaufsplattformen, Immobilienseiten oder Food-und Liefestyleblogs sind hinreichend bekannt. Der EuGH stellt ausdrücklich fest, dass eine pauschale Entschädigung oder die Veranschlagung des doppelten des eigentlich anfallenden Honorars zulässig sind und nicht als „Strafschadensersatz“ zu werten ist.
Diese Entscheidung dürfte damit bei künftigen Auseinandersetzungen um die Schadenersatzhöhe bei Urheberrechtsverletzungen auch im visuellen Bereich die Stellung der Fotografen/Illustratoren stärken, besonders wenn es um widerrechtliche Nutzungen in digitalen Medien geht.
Zu bedenken bleibt, dass solch ein Urteil nicht heisst, das sich von heute auf morgen etwas ändert. Diese Entscheidung kann aber Verletzten (Fotografen, Illustratoren, Filmern) bei guter Vertretung und dem entsprechend aufgestelltem Gericht helfen können, über die reinen nichterstatteten Honorare Entschädigungen geltend zu machen.
Das Urteil im Wortlaut: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=187122&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
Die Richtlinie im Wortlaut: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:195:0016:0025:de:PDF
weitere links u.a.: http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eugh-urteil-c-367-15-urheber-polen-schadensersatz-nichtnennung-urheber-strafe/
Beitragsbild: © Sabine Pallaske Fotografie
Bei meinen Bildern ist das Problem,daß Ich oder auch die prominente Person auf den Bildern, es gar nicht wollen,daß ein bestimmtes Bild in einem bestimmten Kontext erscheint.Also der „Rechtedieb“ an Bilder kommt, die er legal gar nicht bekommen würde.Es können auch Rechtsverletzungen durch so eine Veröffentlichung entstehen,weil jemand exclusive Rechte an diesen Bilder inne hat.Ich habe mit Prominenten Verträge die gewisse Nutzungen ausschließen bzw. zeitlich begrenzen.All diese Faktoren wurden noch nie berücksichtigt.Selbst vor dem BGH wird da unrecht gesprochen. Ich habe jetzt seit zig Jahren einen Fall laufen,zuletzt vor dem BGH und jetzt wieder zurück zum OHG .Das ganze ist so lächerlich,wenn man sieht worum es geht.Gebohren ist die ganze Geschichte auf eine unerlaubten Nutzung und extremen Verunstaltung .
Aufgrund der bösartigen Rechteverletzung forderte ich einen Schadensersatz,der mir in Hamburg aber nicht zugebilligt wurde.Darauf gehe ich vors OHG und die andere Partei versuchte es nun mit Parodie.Das Gericht befand den Ansatz gut und teilte mir mit,daß dadurch auch mein Honoraranspruch verfällt,da ein neues Werk entstanden sei.Aber alles im allem sind sie sich im Bereich Parodie nicht so sicher,da es noch so wenig Urteile gäbe.Mir wurde daher die „Chance“ eröffnet vor das BGH zu gehen.Die Ausführungen warum das Bild Parodie sei kam nicht von der Partei ,sondern von einem Richter ,der wohl einwenig zufiel Phantasie hatte und eine komplett vom Thema abweichende Baustelle eröffnete,die an Schrägheit kaum zu überbieten war.Vor dem OHG stellte man fest was nicht zu übersehen war,daß die Parodie wohl etwas verwegen war und schickte die Sache wieder zum OHG zurück.Da werden wir dann sehen,ob ich ein Recht auf ein Honorar habe und was mit meinen „unverschämten“ Schadensforderungen ist.Wir reden hier wirklich nicht vom großen Geld obwohl aufgrund der Dreistigkeit und Absicht eigentlich gefühlt eine saftige Strafe fällig sein müßte um bei den Verlagen ein Umdenken zu bewirken.Das ist nur ein Fall von vielen,die mir so begegnet sind.Generell fällt auf,das in Hamburg noch so einigermaßen das Urheberrecht verteidigt wird.Je höher das Gericht ist wird von allen Seiten heftig Lobbyarbeit betrieben und das Urheberrecht kommt unter den Hammer!
Lieber Michael,
das Urteil des EuGH sagt nicht, dass alle Probleme von Fotografen mit unberechtigter Nutzung erledigt seien – es bietet bei Entschädigungen für unberechtigte Nutzungen neuen Spielraum.
Das von dir geschilderte Problem geht über die urheberrechtliche Nutzung deines Werkes hinaus und betrifft in grossem Maß die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen und die freie Benutzung deines Werke, die nach Urheberrecht zugelassen ist /§24 UrhG ). Das sind in der Tat zwei Baustellen, die nicht mit dem Schadensersatzanspruch aus unberechtigten Nutzung durcheinander geworfen werden dürfen.
Freie Benutzung zum Zweck Schaffung eines neues Kunstwerkes ( auch als Parodie) und Persönlichhkeitsrechtsverletzungen sind nicht Gegenstand des aktuellen Urteils. Ich kennen deinen Fall nicht, gehe aber davon aus, dass deine RAs kompetent sind. Die Rückverweisung vom BGH an die entscheidenden Gerichte ist absoluter Usus,lass dich da bitte noch einmal von deinem Anwalt über die „Hierarchien“ der Gerichte aufklären.