EU-DSGVO: Der Weltuntergang für die Fotografie – aber wie machen wir weiter?

Allen Blogs zum Trotz: die EU-DSGVO ist nicht das Ende der freiberuflichen Fotografie. Ruhe und einen kühlen Kopf bewahren!
©Sabine Pallaske Fotografie

Fakt ist: Jedes digital weitergebene Foto (ob digital oder analog erstellt oder nicht) ist ein personenbezogener Datensatz. Das neue Bundesdatenschutzgesetz und die EU-DSGVO, die Datenschutzverordnung regeln den Umgang mit diesem Datensatz. Die Erstellung zur privaten Nutzung ist außen vor, es geht um Verarbeitung, Weitergabe im geschäftlichen Bereich an und durch Dritte.

Für die künstlerische, auch für die Streetfotografie und die journalistische Fotografie gilt weiterhin: sie ist zuläßig, solange nicht Persönlichkeitsrechte verletzt werden. 

Es bleibt wie es ist: die Persönlichkeitsrechte, auch das informationellen Selbstbestimmung werden aus Art. 2 Abs 1 GG (der freien Entfaltung der Persönlichkeit) und Art. 1 Abs1GG (der Menschenwürde) abgeleitet und gegen das andere Grundgesetz (Art 5) Kunstfreiheit, Presse- und Informationsfreiheit abgewogen.

In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen die Artikel ebenfalls gleichberechtigt – und damit gegeneinander abzuwägen- aufgeführt unter: Art 8 (Schutz personenbezogener Daten) und Art 11 (freie Meinungsäußerung, Informationsfreiheit) Art 13 (Freiheit der Kunst und Wissenschaften).

Das war schon immer so und wird so bleiben. Künstlerische und journalistische Fotografie hat sich immer schon im Spannungsfeld zwischen den genannten Kriterien bewegt (sonst hätte es das Kunsturhebergesetz KUG, immerhin 111 Jahre alt, nie gegeben). Abgebildete müssen unter bestimmten Umständen zur Veröffentlichung zustimmen, sei es weil sie einen Vertrag abgeschlossen haben (Einwilligung mit Entlohnung) oder weil sie unter die Ausnahmeregelungen fallen.

Für Auftragsfotografie gilt weiterhin: für Vervielfältigung,Verbreitung, Veröffentlichung, öffentlich Zugänglichmachung usw. bedarf es der Zustimmung des/der Abgebildeten (Model Release) oder bei Aufnahmen von Liegenschaften des Eigentümers/Mieter/Nutzers/Hausherrn (Property Release) für die Nutzung durch den Auftraggeber und für die Nutzung des Fotografen.

Eigentlich Standards für professionelle Fotografen. Beides ist ein Vertrag. Hier ist die Nutzung  sowohl des Auftraggebers wie des Fotografen anzugeben. Dieser Vertrag kann nur unter besonderen Umständen widerrufen werden. 

Das Speichern der Personen-und Adressdaten für die interne Verwaltung des Fotografen zu Archivierung und zur eigenen Auftragsabwicklung/ Rechungsstellung dürfte zulässig sein (Art 6 EU-DSGVO).

Neu ist allerdings, dass sogar das Fotografieren an sich eine Datenerhebung ist. Der Fotograf muss dokumentieren und transparent kommunizieren, wer welche Daten bekommt. Die Pflicht des Fotografen ist dabei, schon bei Angebot und vor Auftragsvergabe auf die Art des Zwecks der Datenspeicherung bei sich selbst hinzuweisen sowie ob und wie Datenweiterverarbeitung durch welche Dritte stattfindet. Das können sein: Adressdaten zur Rechnungsstellung, Orts-und Personendaten zur Dokumentation des Auftrags und zur Archivierung der Bilddaten.

Gleiches gilt für die Model-und Property-Releases: hier muss nicht nur Zweck-und Umfang der Nutzung, sondern auch der Datenverarbeitung und -bearbeitung transparent dargestellt sein. Das schriftlich vorliegenden Model- oder Property-Release kann auch nach DSGVO nicht wie befürchtet einfach widerrufen werden, die Einwilligung ohne Gründe zurückgezogen werden. Der Betroffene kann Beschwerde einlegen – diese muss begründet sein.

Bleibt alles beim Fotografen, ist es einfach zu regeln. Arbeitet er für einen nicht-privaten Auftraggeber, der die Daten an Dritte wie Presse, PR-Büros, über eigenen Website usw. weitergeben wird – und das ist fast immer der Fall – oder beauftragt er Dritte mit dem Handling seiner Daten (Gehaltsabrechnungsbüros, Werbeagenturen, Cloud-Computing-Anbieter, Web- bzw. E-Mailhoster oder auch freie Mitarbeiter ) mit diesen Aufgaben, muß er einen Auftragsverarbeitungs-Vertrag (AV-Vertrag) abschliessen. 

Auf der eigenen Homepage oder auf datenverarbeitenden Plattformen wie Facebook, Instagram usw. ist auf die Analyse-Tools der Plattformen (Google Analytics, Google Business, Fanpage Facebook) oder auf eigene SEO-Tools hinzuweisen. 

Die große Frage zur Zeit ist, in weit ein Nutzer dieser Plattformen Einfluss auf von diesen erhobene Daten hat, da die Ergebnisse ihm nur anonymisiert zur Verfügung gestellt werden, er also keine Auskunft über weitere Verwendung dieser Daten erhält und die weitere Nutzung dieser Daten durch die Plattformbetreiber weder kontrollieren noch beeinflussen kann.

Wer über seine Website Produkte oder Dienstleistungen vertreibt, muss natürlich die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben umsetzen. Auch wer Newsletter versendet oder Preisausschreiben auslobt, hat mehr Verwaltungsaufwand.

Für die Stockfotografie stellt sich besonders das Problem der Weitergabe von IPTC-Daten mit beschreibenden Daten zu Personen, auch wenn keine Namen oder Adressen aus vorliegenden Model-Releases weitergegeben werden. Ohne beschreibende Daten wie Geschlecht, alters- oder körperlichen Merkmalen sowie ergänzender, die Situation beschreibender Stichworte und Ortsangaben lassen sich Bilder in Datenbanken und Suchmaschinen nicht finden und damit nicht verwerten. Diese Daten werden üblicherweise von den die Bilder verteilenden Partnern (Bildagenturen) übernommen, gegebenenfalls ergänzt/verändert und an den Endkunden weitergegeben. 

Die Weitergabe von IPTC-Daten an Dritte ist noch nicht geklärt, auch von den Bundes- und Länderschutzbeauftragten gibt es dazu keine Stellungnahme. Im Zweifelsfall muss mit dem jeweiligen Auftraggeber und/oder Vertriebspartner ein AV-Vertrag geschlossen werden.

Zum Schluss und zur Glättung von Wogen: Die berüchtigte Abmahnindustrie gibt es so nicht. Rechtsanwälte können nicht von sich aus abmahnen – außer andere Rechtsanwälte. Es braucht dazu einen Mitbewerber, der andere Fotografen im Rahmen des Wettbewerbsrecht angeht, oder einen Abgebildeten, der sich in seinen Persönlichkeitsrechten, ob nach KUG oder nach Datenschutzrecht, verletzt fühlt. Als Dritte sind die Aufsichtsbehörden und authorisierte Organisationen wie Verbraucherschutzverbände abmahnberechtigt. Letztere treten allerdings nur bei gravierenden Verstößen in Aktion, auf Anwendungs- oder Umsetzungsfehler wird von dieser Seite eher hingewiesen, nach Abhilfe gesucht und nicht das „große Fass“ aufgemacht. 

 

Beitragsbild: © Sabine Pallaske Fotografie

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